Landkreis Stendal erlässt Allgemeinverfügung zur Schonung der Ressource Wasser.
Obwohl sich die Grundwasserstände über den Winter 2022/2023 zwar verbessert hatten, hat sich der Trend im Frühjahr nicht fortgesetzt. Aktuell bewegen sich die Niederschlagsmengen im Landkreis Stendal auf dem Niveau des Jahres 2018, als gerade einmal 318 Liter im Vergleich zum langjährigen Mittel von 580 Litern pro Quadratmetern gefallen waren. Infolge dessen ist es notwendig, die Grundwassermenge zu schützen, weshalb der Kreis zum zweiten Mal nach 2022 eine Allgemeinverfügung erlässt. Mit Wirkung zum 28. Juni und befristet bis zum 30. September oder auf Widerruf gilt ein Verbot der Wasserentnahme aus oberirdischen Gewässern und die Einschränkung der Nutzung des Grundwassers.
„Es bleibt unsere Aufgabe, schonend und vorausschauend mit der Ressource Wasser umzugehen, um ein weiteres Absinken der Grundwasserstände zu vermeiden“, hat Patrick Puhlmann bereits nach Ostern an die Bürger des Landkreises Stendal appelliert. Seither sind Niederschläge aber größtenteils ausgebliebem. „Da sich die Trockenperioden der vergangenen Jahre offenbar auch jetzt fortsetzen, ist unser Handeln alternativlos“, begründet der Landrat den Schritt. Die Untere Wasserbehörde behält die Pegelstände an den Grundwassermessstationen stets im Blick.
Konkret ist es damit, wie auch im Vorjahr, nicht mehr gestattet, Wasser aus oberirdischen Gewässern mithilfe technischer Geräte zu entnehmen. Dies gilt sowohl für den Eigentümer- und Anliegergebrauch, als auch im Rahmen von wasserrechtlichen Erlaubnissen. Es gilt zu berücksichtigen, dass nicht nur Ackerflächen, Blumen und Gemüsepflanzen vom Austrocknen bedroht sind, sondern auch die in den Gewässern lebenden Tiere und Pflanzen, die ohne Wasser nicht überleben können. Insbesondere bei der Wasserentnahme aus kleinen Bächen und Gräben ist schnell die Grenze überschritten, bei der für die Lebewesen im oder am Gewässer nichts mehr übrigbleibt und dadurch große Schäden entstehen können.
Weiterhin ist es täglich in der Zeit von 10 bis 19 Uhr nicht mehr erlaubt, Wasser aus privaten Brunnen und dem öffentlichen Trinkwassernetz zur Bewässerung von öffentlichen und privaten Grünflächen und Sportanlagen zu entnehmen. Während dieser Zeit würde ein Großteil des Wassers bei der Bewässerung aufgrund der Sonnenstrahlung verdunsten. „Diese ineffiziente Wasserverwendung führt dazu, dass Grund- und Oberflächenwasser übermäßig belastet werden, der Gewässerbenutzer jedoch keinen hohen Nutzen daraus zieht“, erklärt Puhlmann.
Im Vergleich zum vergangenen Jahr weist die Allgemeinverfügung des Landkreises Stendal allerdings Änderungen auf: So bleibt der Einsatz effizienter Bewässerungstechnik, etwa Tröpfchen-Beregnung, weiterhin möglich, aber „eingeschränkt wird der Einsatz wasserverlustreicher Technik, wie Trommelberegnungssystemen mit Großflächenregnern, sogenannten Beregnungskanonen“, sagt Landrat Puhlmann. Ebenso dürfen Sportstätten im Rahmen von Wettkämpfen, etwa beim Tennis oder Reiten, befeuchtet werden. Ausdrücklich nicht gilt die Einschränkung für Wasserspiele, wie auf dem Stendaler Marktplatz. „Das ist ein geschlossenes System, die Kinder dürfen hier gern spielen. Das gilt auch für die gezielte Abkühlung im Kindergarten“, so der Landrat weiter.
Wer gegen diese Allgemeinverfügung verstößt, muss im Einzelfall mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro rechnen. „Der Landkreis Stendal führt im Rahmen von Außendienstterminen des Umweltamtes, auf Anzeige anderer Behörden oder Bürger Kontrollen durch. Diese werden durch die Mitarbeiter des Umweltamtes vorgenommen“, so der Landrat weiter. Gleichzeitig appelliert Puhlmann an die Bürger: „Bitte seien Sie sparsam und nachhaltig im Umgang mit der Ressource Wasser. Unser Ziel ist es, Wasser zu sparen und nicht möglichst viele Bußgelder zu verhängen.“
Wasserknappheit entgegenwirken
Neben der Allgemeinverfügung verfolgen der Landkreis Stendal sowie weitere Beteiligte eine Vielzahl verschiedener Ansätze, um der Wasserknappheit entgegenzuwirken. So etwa bringt der Landkreis sich auf Landesebene fachlich ein, wenn es um die Neufassung des Wassergesetztes für Sachsen-Anhalt geht. Hierbei wird das Ziel verfolgt, den Wasserrückhalt gesetzlich zu verankern. Weiterhin sollen den Unterhaltungsverbänden die Aufgaben zur Steuerung der Stauanlagen übertragen werden. Dies würde ein flächendeckendes, modernes Wassermanagement ermöglichen.
Das Umweltamt des Landkreises Stendal etwa begleitet im Rahmen von Renaturierungs- sowie Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen, wie nicht bewirtschaftete Stauanlagen in Sohlgleiten mit Stauziel umzubauen oder Laufverlängerungen an Oberflächengewässern umzusetzen. Daneben kann auch die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) einen Teil zum Wassermanagement beitragen. Die Projekte zielen neben dem Thema der Verbesserung der Durchgängigkeit auch auf die Verbesserung des Wasserrückhaltes bei gleichzeitiger Erhaltung der Steuerungsmöglichkeit im Hochwasserfall ab. Beispielsweise gibt es hier zu nennen: Beim Lüderitzer Tanger sind Wehranlagen umgebaut und es ist eine naturnahe Gewässergestaltung durchgeführt worden. Am Karrenbach erfolgte der Ersatzneubau von Durchlassbauwerken und Stauanlagen. An der Uchte-Quelle wurden Sohlschüttungen zum Abfangen eines etwa 1,5 Meter hohen Sohlabsturzes durchgeführt. Dazu wurden entlang der Uchte mehrere Sohlgurte verbaut. Weiterhin hat eine ökologische Umgestaltung der Uchte etwa durch Uferabflachung oder den Einbau strukturverbessender Maßnahmen stattgefunden.
Darüber hinaus erfolgen Beteiligungen an kreisübergreifenden Gemeinschaftsprojekten, wie zum Beispiel die Verbesserung des Gebietswasserhaushaltes der Secantsgrabenniederung durch schrittweise Erneuerung der Stauanlagen. Die Unterhaltungsverbände übernehmen zudem vermehrt Anlagen von großer Bedeutung in Vorranggewässern zur Regulierung des Gebietswasserhaushaltes. Diese werden je nach Ausbauzustand erneuert oder neu errichtet.